Tschechiens Regierungschef im BILD-Interview „Wir müssen unsere 
Zivilisation verteidigen“

Tschechiens Regierungschef Babiš über Bootsflüchtlinge im Mittelmeer: „Das sind ökonomische Migranten – alles Illegale“

Im BILD-Interview bestreitet der Ex-Unternehmer und Milliardär kategorisch deren Anspruch auf Aufnahme und Schutz in Europa, weil es sich ausnahmslos um Wirtschaftsmigranten handele.

Europa könne in der Migrationsfrage „nicht anders handeln als Amerika, Kanada, Australien“, sagt Babiš und begründet dies auch mit der Pflicht, die „eigene Zivilisation und Kultur zu verteidigen“.

BILD: Herr Ministerpräsident, nach Ihrer Begegnung mit Bundeskanzlerin Angela Merkel haben Sie von einer guten „strategischen Partnerschaft“ gesprochen. Sind wir denn auch gute Freunde?

Andrej Babiš: (antwortet auf Deutsch) „Ich glaube, wir haben erstklassige ökonomische Beziehungen. Und mehr als das. Ich persönlich habe viele Freunde in Deutschland. Gerade erst konnte ich meinen Freund Wolfgang Schäuble besuchen, den ich als Finanzminister kennengelernt habe. Für mich eine sehr große Persönlichkeit. Mit der Kanzlerin haben wir mehr oder weniger die gleiche Vision, wie man die Migrationsfrage lösen kann, was den Marshallplan mit Afrika betrifft und die Anlehnung an das türkische Modell. Unterschiedliche Meinungen gibt es bei der Verteilung der Migranten auf Schiffen. Ich lehne das ab.“

Sie haben in der Debatte um die solidarische Verteilung der Flüchtlinge auf alle EU-Länder von einem „Weg in die Hölle“ gesprochen. Ist Ihnen nicht bewusst, dass viele der Menschen, von denen wir reden, einen „Weg aus der Hölle“ hinter sich haben?

Babiš: „Wenn Sie mich fragen: Das sind ökonomische Migranten – alles Illegale. Junge Leute, die nicht vor Krieg flüchten.“

Aber es gab die fürchterlichen Konflikte in Somalia, in Eritrea … Babiš: „Ich war vor Ort, um mich zu informieren. Sie zahlen 2000 bis 5000 Dollar für die Reise, die Schmugglermafia kassiert jährlich 5,7 Milliarden Dollar. Wirklich arme Leute bleiben in Malawi, haben vielleicht nichts zu essen. Wir sollten den Leuten dort helfen, wo sie geboren sind.

Meine Überzeugung ist: Europa kann in der Migrationsfrage nicht anders handeln als Amerika, Kanada, Australien. Wir müssen auch die Zivilisation verteidigen, die unsere Vorfahren aufgebaut haben, unsere Kultur.“

Europa als Errungenschaft der Nachkriegs-Generationen muss derzeit leider auch verteidigt werden. Haben Sie keine Sorge, dass die EU an der Migrationsfrage zerbricht?

Babiš: „Nein. Ich glaube, dass die nächsten Europawahlen zeigen werden, was die stille Mehrheit über die illegale Migration denkt.“

In Deutschland sorgte gerade für Irritationen, dass Tschechiens Staatspräsident Miloš Zeman die Bundesregierung im Zusammenhang mit den Vorfällen in Chemnitz kritisiert hat. Gleichzeitig ist bekannt, dass er sich sehr häufig mit Kreml-Chef Wladimir Putin trifft. Müssen wir uns Sorgen machen?

Babiš: „Wir sind ein zuverlässiger Partner. Mit Putin sprechen auch die Kanzlerin, Herr Macron, Herr Kurz, alle. Und man muss mit ihm sprechen. Natürlich bleibt die Krim-Annexion ein Problem, langfristig müssen wir eine Lösung finden.“

Ihre Regierung wird von den Kommunisten toleriert, de facto sind sie also Partner. Der Chef der kommunistischen Partei fordert den Austritt Tschechiens aus der Nato …

Babiš: „Die Kommunisten haben keinen Einfluss auf unsere Regierung. Was tschechische Medien da behaupten, stimmt einfach nicht. Ich sage immer, warum haben sie die Kommunistische Partei denn nicht verboten nach der Wende? Herr Havel wurde gewählt mit Stimmen der Kommunisten, Herr Klaus ebenfalls. Meine ANO-Bewegung war es, die den Kommunisten die meisten Stimmen abgenommen hat.“

Gerade erst jährte sich die sowjetische Invasion nach dem Prager Frühling zum 50. Mal. Es gab Hunderte Tote, Hunderttausende Fliehende und Vertriebene. Haben Teile des tschechischen Volkes die russischen Panzer schneller vergessen als die Deutschen unter dem NS-Regime?

Babiš: (zögert mit der Antwort) „Ich glaube, wir sollten positiv in die Zukunft schauen. Was war, das war. Was wir jetzt brauchen, ist ein starkes Europa. Europa hat Probleme, wir brauchen jetzt Einigkeit in der Außen- und Handelspolitik. Schauen sie nur auf den Handelskonflikt mit Donald Trump, auf die Entwicklung mit Putin und der Türkei, die als Nato-Partner russische Waffen kauft.“

Sie kamen als vermögender Quereinsteiger in die Politik, wurden schon „der tschechische Trump“ und der „Berlusconi von Prag“ genannt. Wie empfinden Sie solche Vergleiche?

Babiš: „Mit Trump habe ich nur eine Gemeinsamkeit: Dass wir beide eine tschechische Frau geheiratet haben. Mit Berlusconi habe ich gar nichts gemeinsam. Ich habe nie einen Nachrichten-Fernsehsender besessen.“

Aber es ist doch nicht verkehrt, Sie als Populisten zu bezeichnen?

Babiš: (lacht): „Ich spreche sehr gut Französisch, denke bei Populismus immer an ‚peuple‘, also an das Volk. Auf den Listen von Europas Populisten tauche ich nicht auf, soviel ich weiß. Aber es ist mir ehrlich gesagt egal: Ich habe als Unternehmer mit 35 000 Beschäftigten eine Bewegung gegründet gegen die Korruption. Wahrscheinlich war es der größte Fehler meines Lebens, dass ich in Politik gegangen bin. Aber jetzt bin ich da und versuche, für alle etwas zu erreichen, speziell für arme Leute. Ich habe auch eine Stiftung, die jährlich mit sechs Millionen Euro hilft. In meiner Regierung, das kann ich garantieren, gibt es keine Korruption. Geld ist für mich persönlich seit Langem keine Motivation mehr.“

Apropos Geld: Tschechien muss sich entscheiden, wann es dem Euro beitritt …

Babiš: „In absehbarer Zeit nicht. Zuerst braucht die Euro-Zone eine Reform, denn es gibt Länder, die nicht die Maastricht-Kriterien erfüllen in Bezug auf Defizit und Verschuldung. Aber das ist jetzt nicht das Top-Thema. Mich interessiert der neue EU-Haushalt, die Immigration, der Brexit. Europa ist ein Super-Projekt, dank dem wir seit 73 Jahren Frieden haben. Der Brexit ist schlecht. Wir müssen gemeinsam verhindern, dass sich das wiederholt. Und ich sage meinen Landsleuten klipp und klar: Ein Tschexit wäre eine Katastrophe.“

Zdroj: Bild

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